Umgeben von Viertausendern
Wir fahren nun Richtung Aspen – und die namensgebenden Bäume säumen dabei schier endlos unseren Weg. In rot, gelb und orange leuchten sie neben den dunkelgrünen Nadelbäumen, die sie durch den Kontrast noch stärker zum Scheinen bringen. Diese Kombination ist nicht erstaunlich. „Aspen“, also Pappeln, erreichen nur etwa ein Alter von 100 Jahren, sind also „kurzlebig“ und werden nach und nach von Tannen oder Fichten ersetzt. Schon in Boulder haben die Einheimischen vom Herbst als ihrer Lieblingsjahreszeit geschwärmt – womit sie nicht die einzigen bleiben werden, die wir auf der Reise treffen. Wie der goldene Herbst in seinem vollen Glanz vor unseren Augen vorbeizieht, wundert uns das nicht mehr lang. Nach Leadville, der höchstgelegenen Stadt in den USA, wo die Kinder gern einmal mit ein oder zwei Pfund weniger auf die Welt kommen, erreichen wir den Independence Pass. Er beginnt bei den Twin Lakes und eröffnet uns eine grandiose Aussicht auf die Bergwelt von Colorado. Bei gutem Wetter sieht man sogar Mount Elbert, den höchsten Berg des Staates mit 4.401 Metern.
Im Winter hätten wir Aspen so nicht erreicht, der Pass ist dann geschlossen. Im Ort angekommen, fahren wir direkt daran vorbei, wofür die Stadt heute bekannt ist: das Skifahren. Die Straße passiert die Talstation von Aspen Mountain, einem der vier Skigebiete der Stadt. Am Gipfel kündigt sich schon der Winter an, vor einer Woche hat es erst geschneit. Gegründet wurde die Stadt im 19. Jahrhundert jedoch im Zuge des Silberrauschs und musste nach dessen Ende mit einer sinkenden Bevölkerung kämpfen. Im Hotel Jerome, in dem wir am nächsten Tag frühstücken, ist die Geschichte der Stadt noch heute spürbar. Eröffnet wurde es 1889 am Höhepunkt des Silberrauschs. In späteren Jahren kamen hier zeitweise die Bewohner unter, weil sie die eigenen Häuser nicht mehr heizen konnten. In der hoteleigenen J-Bar ist wohl der bekanntesten Drink der Aspen Crud, der zur Zeit der Prohibition erfunden wurde, als die Bar zu einer Eisdiele umfunktioniert werden musste. Unter diesem „Codewort“ wurde ein Vanillemilchshake mit Bourbon serviert. Als Soldaten des Zweiten Weltkriegs das Skigebiet gründeten, wendete sich das Blatt. Promis wie John Wayne oder Gary Cooper machten Aspen zu einem schillernden Ort, was es bis heute ist.
Die Bergwelt Aspens bietet aber nicht nur im Winter zahlreiche Möglichkeiten. Die wohl berühmteste erleben wir am nächsten Morgen: Maroon Bells. Die beiden Berge zählen zu den meist fotografierten Motiven der USA. Mit einer Höhe von 4.315m und 4.270m thronen sie eindrucksvoll über dem Maroon Valley, das während der Eiszeit entstanden ist. Nur wenige Meter nach dem Parkplatz müssen wir auch sofort unsere Kamera hervorholen. Im stillen Wasser des Maroon Lakes spiegeln sich die beiden Gipfel ohne jegliche Verzerrung. Lediglich die Tierwelt Colorados lässt sich nicht für ein Foto ablichten. Der Elch, der bis vor kurzem am See war, hat sich wieder in die Berge verzogen. Dafür können wir unbehelligt die Natur auf einer Wanderung erkunden.
Weitere Teile unsere Trips durch Colorado:
Teil 1 - Boulder: Zwischen Hochgebirge und Steppenlandschaft
Teil 2 - Aspen: Umgeben von Viertausendern
Teil 3 - Crested Butte: Kulinarisches Colorado
Teil 4 - Telluride: Reise in die Vergangenheit
Teil 5 - Gateway: Der rote Sandstein
Teil 6 - Grand Junction: Eine Badewanne in der Wildnis
Teil 7 - Denver: Ein blauer Bär und ein Glas Zimtbier zum Abschied